Die Anthologie-Ausschreibung „BIOKALYPSE”

Im Mai diesen Jahres stieß ich auf die Ausschreibung für eine Anthologie des Eridanus Verlags „BIOKALYPSE“. Gleich habe ich mir einen Plan gemacht, wann ich Ideen sammle, wann ich in die Arbeit an der Kurzgeschichte einsteige usw. Und wie so oft im Leben, kommt es dann alles irgendwie anders als der beste Plan es vorsieht. Denn letztlich bin ich nur wenige Tage vor der Abgabe mit dem Text fertig geworden und konnte glücklicherweise auch noch zwei Testleser überzeugen, ihn in die Mangel zu nehmen.

Eridanus Verlag Anthologie Ausschreibung Biokalypse

Aber schauen wir uns den Titel für die Ausschreibung an: BIOKALYPSE. Ein etwas sperriger Titel, wie ich finde. Gebildet wird er aus zwei Worten: zum einen aus „Apokalypse“, ein Wort, das viele mit Weltuntergang, Endzeit usw. verbinden, natürlich wegen des Inhalts einer bestimmten Schrift, die heute vermutlich niemand mehr so genau kennt. Irgendwas mit Christentum und Bibel und Ende der Welt und so. Und zum zweiten aus dem Wort „Bio“ – Bio-Was?

Eigentlich bedeutet das Wort „Apokalypse“, das aus dem Griechischen stammt, „Offenbarung“. Man könnte den Begriff so erläutern: das passive Erschließen einer Wirklichkeit, die mir bisher nicht bekannt oder bewusst gewesen ist. Das muss nicht unbedingt mit „Übernatürlichem“ zu tun haben. Und die uns bekannte Welt geht in der Schrift „Apokalypse“ oder „Offenbarung des Johannes“ auch tatsächlich unter. Aber, und das ist das eigentlich entscheidende, es wird von Gott auch eine neue Welt geschaffen.

Das wird dem Autor des Textes offenbart, so sagt er. Diese Botschaft formuliert er in Briefen an sieben Gemeinden, die, man weiß es nicht genau, vielleicht unter Verfolgung litten. Macht euch keine Sorgen, euer Leiden wird bald ein Ende haben, so der Tenor. Es handelt sich also um eine Trostschrift. Das ganze verpackt er in eine Art Medley aus verschiedenen prophetisch-apokalyptischen Texten aus dem Alten Testament bzw. dem jüdischen Tenach und arbeitet sie eigenständig (eigenwillig?) in die Botschaft ein.

Die vermutlich bekanntesten Zitate oder Szenen sind die „Zahl des Tieres“ 666 in Offb13,18 (inspirierte unter anderem Iron Maiden zu dem Song „The Nummer of the Beast“) und vielleicht noch die vier apokalyptischen Reiter und das sprichwörtliche „Buch mit sieben Siegeln“ (Offb 4; 5). Der aber vielleicht schönste Satz ist folgender: „(…) und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein (…)“ (Offb 21,4). Das ist meiner Meinung nach die eigentlich Botschaft dieses Textes: die Ankündigung, dass alles Leid ein Ende haben wird. (Leider ist unklar, wann genau das sein soll!)

Eridanus Verlag Anthologie Ausschreibung Oktober 2022 Biokalypse

Das zweite Wort, das in dem Anthologie-Titel Biokalypse steckt, ist das Wort „Bio“. Bio-Wasnochmal? Da musste ich spontan an den Bioladen und all die leckeren und nützlichen Dinge, die man dort kaufen kann, denken. In der Beschreibung wurde ich dann darüber aufgeklärt, dass es in den Storys natürlich nicht darum gehen soll, sich noch kurz vor dem nahenden Ende mit Bio-Tomaten und Bio-Keksen einzudecken, um eine Weile durchhalten zu können (und wenigstens gesund zugrunde zu gehen). Nein, es geht um „Bio-Modifikationen, Synthetik-Drogen und biologischen Katastrophen“, wie der Text dem interessierten Autor mitteilte.

Okay, dachte ich, damit kann ich mich anfreunden. Also damit, etwas zum Thema zu schreiben. Apokalypse, also nahendes Ende und so kann ich, und irgendwas mit Bio kriege ich auch hin. Zu meinem Erschrecken – als Mensch, als Autor phantastischer Literatur ist man natürlich bis zu einem gewissen Grad dankbar für eine solche Steilvorlage – unterschrieb Joe Biden die „Executive Order on Advancing Biotechnology and Biomanufacturing Innovation for a Sustainable, Safe, and Secure American Bioeconomy“ (vom 12. September 2022). Wirklichkeit überholt Fiktion, dachte ich mir gleich. Zumindest dem Wort nach. Aber nicht nur die USA und Joe Biden träumen von der biotechnologischen Führungsrolle in der Welt, auch in Europa sind wir schon dabei, feuchte Träume von einer aufgepimpten menschlichen Militärmaschinerie zu bekommen. Hier nennt sich das ganze „Human Augmentation – The Dawn of a New Paradigm. A strategic implications project“.

Ich empfehle jedem und jeder diese beiden Texte wenigstens einmal quer zu lesen, denn es wird eine Menge Geld fließen und eine Menge Manpower eingesetzt werden, einschließlich der (freiwilligen?) Versuchskaninchen, um diese Phantasien Wirklichkeit werden zu lassen. Ob wir diese Art von „Optimierung des Menschen“, den „Transhumanisumus“, wie es einige nennen, brauchen? Ob das ganze gesellschaftlich diskutiert werden wird und eindeutige Grenzen gesetzt werden, die auch eingehalten werden? Ich bezweifle es stark, gehe eher davon aus, dass Fakten geschaffen werden …

Nachdem also klar war, dass ich versuchen möchte, meine Kurzgeschichte in der Anthologie unterzubringen, machte ich mich mit einer Grundidee und nach dem Quer-Lesen dieser beiden Texte recht spät daran, eine Story zu schreiben. Es geht in meiner Erzählung nicht um das Ende der Menschheit, sondern erst einmal nur um ein individuelles, sagen wir Stagnieren. Und eine Art Trost findet der Protagonist auch, allerdings zu welchem Preis? Glücklicherweise bin ich auch rechtzeitig fertig geworden, sodass ich meinen Text fristgerecht einreichen konnte. Jetzt müsst ihr mir nur noch ganz fest die Daumen drücken. Als kleines Schmankerl präsentiere ich euch hier noch einen kleinen Auszug aus meinem Beitrag „Dein Körper in guten Händen“ für die Anthologie-Ausschreibung BIOKALYPSE. Viel Spaß beim Lesen und – Daumen drücken!

Hyperlink aus dem Erläuterungstext von BODYOFDREAMS Corp.
»16 Das Wort ›Ewigkeit‹ impliziert keine begrenzte Zeitspanne oder -dauer, sondern eine nicht endende Dauer. Eine solche Art von nie endender Dauer kann keine natürliche oder juristische Entität garantieren, außer vielleicht eine Entität oder eine Kraft, die nie endet und unbegrenzte schöpferische Möglichkeiten besitzt, sollte eine solche überhaupt existieren. Deswegen erklärt BODYOFDREAMS Corp. hiermit ausdrücklich, dass die Kund*innen, die das BodyOfDreams-Programm in Anspruch nehmen, keinerlei wie auch immer geartetes Anrecht darauf haben, dass die zur Anwendung kommenden technischen, biotechnischen sowie medizinischen Verfahren (gegenwärtige wie zukünftig noch zu entwickelnde) eine solche endlose Dauer garantieren können und unsere Kund*innen nach einer – bis zum Zeitpunkt der Entstehung des vorliegenden Erläuterungstexts – nicht genauer zu bestimmenden Dauer sterben werden, wie alle Menschen.«